München: Der Kosmos der Lager in einer deutschen Großstadt
Seit März 1944 wurden ukrainische Familien im ehemaligen Bibliothekssaal des Deutschen Museums in München untergebracht. Vier deutsche Männer bewachten sie. Die Ukrainer mussten für die Stadtverwaltung arbeiten.
Die Unterkünfte waren – je nach Herkunft und Kategorie der Zwangsarbeiter – sehr unterschiedlich. Die Spannweite reichte von Privatquartieren über Sammelunterkünfte in Baracken und Sälen bis zu improvisierten Lagern in Fabrikhallen oder Scheunen. Am schlechtesten waren die Unterkunftsbedingungen für Arbeitskräfte aus Osteuropa und KZ-Häftlinge. Vor allem in den ungeschützten großen Barackenlagern starben viele Zwangsarbeiter bei alliierten Luftangriffen.
Die vielen Lager überzogen München – wie jede andere deutsche Stadt – mit einem engmaschigen Netz. Sie waren unübersehbar und gehörten zum Alltag der deutschen Bevölkerung.
Dimensionen der Zwangsarbeit
Von 1939 bis 1945 mussten im Deutschen Reich und den von ihm annektierten Gebieten („Großdeutsches Reich“) insgesamt etwa 13 Millionen Menschen Zwangsarbeit leisten. Davon waren etwa 4,6 Millionen Kriegsgefangene. Die Zwangsarbeiter kamen aus allen von der Wehrmacht besetzten Ländern, vor allem aus der Sowjetunion, Polen und Frankreich.
Die Zwangsarbeiter wurden vor allem in der Landwirtschaft, der Rüstungsindustrie, dem Bergbau und im Bauwesen eingesetzt. Gegen Ende des Krieges stellten sie fast die Hälfte der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, ein Drittel in der Rüstungsindustrie und im Bauwesen sowie ein Viertel im Bergbau. Aber auch in privaten Haushalten und im Handwerk gehörten sie zum Alltag.
Etwa zweieinhalb Millionen Menschen, vor allem sowjetische Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge aus allen Teilen Europas, haben die Zwangsarbeit im Deutschen Reich nicht überlebt.
Münchens Lagerkosmos
Audio
Wera Iosifowna Wolk über die hygienischen Bedingungen im Lager.
Videointerview 2005 (eingesprochen, 02:00 min.)
Quelle: Digitales Archiv „Zwangsarbeit 1939 – 1945“
Maria Andrzejewska, geb. Kawecka über die Situation in einem Zwangsarbeiterlager.
Schriftlicher Erinnerungsbericht 1997 (eingesprochen, 01:45 min.)
Quelle: Berliner Geschichtswerkstatt e.V.